Miet- und Kaufpreise EXPOLDIEREN – Mieten ab EUR 15,–/m² und Kaufpreise zwischen EUR 5.500,– und 7.000,– /m² Wohnnutzfläche sind keine Seltenheit! – Bleibt Wohnen als LEISTBARES und BEZAHLBARES Grundrecht für ALLE in Zirl vorerst UTOPIE?
Während das Land Tirol gemeinnützigen Wohnbauträgern in Zirl maximal EUR 330,– pro Quadratmeter Baugrund „erlaubt“, legen private Wohnbauträger EUR 1.000,– und MEHR auf den Tisch des Hauses.
Während die Wohnbauförderung des Landes Tirol als „Angemessene Gesamtbaukosten“ pro m² Wohnnutzfläche zwischen EUR 3.100,– bis EUR 3.800,– (je nach Größe des Bauprojektes und der Höhe von objektbezogenen Zuschlägen) definiert, kommen beim Wohnungskäufer in Zirl durchschnittlich EUR 5.500,– bis EUR 7.000,– an!
Wohnungen sind also nicht mehr leistbar UND die Wohnungskäufer haben auch keine Möglichkeit Wohnbauförderungsmittel für die Finanzierung zu bekommen.
Die vielfältigen Hintergründe …
Diese, für die Zirler Bevölkerung fatale Entwicklung, hat mehrere Hintergründe, welche sich negativ auf den bezahlbaren Wohnbau auswirken.
Zum einen hängen der Gemeinde immer noch die „Widmungssünden“ der 80er und 90er Jahre nach, in denen oft ohne Bedarf hektarweise Grundstücke umgewidmet wurden, welche teilweise auch heute immer noch unbebaut und aufgrund der gesetzlichen Lage dem Einfluss der Gemeinde entzogen sind.
Zum anderen ist es auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung mit der schon lange andauernden Niedrigzinsphase, welche einem Grundverkauf ohne Not entgegensteht und damit das Grundstücksangebot verknappt. Die Corona-Krise mit zum Teil aberwitzigen Baupreisentwicklung tut dazu noch ihr Übriges.
Am schwersten wiegt jedoch, dass Sand ins Getriebe der über Jahrzehnte sehr gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen der Marktgemeinde Zirl und privaten Bauträgern gekommen ist.
Von 1990 bis bis ca. 2013 gab es in Zirl neben den Projekten der Gemeinnützigen Bauträger auch viele Bauten von privaten Wohnbauträgern, welche in fairer Zusammenarbeit mit der Gemeinde ihre Objekte errichteten. Mindestens 60% der neu errichteten Wohnnutzfläche musste an Zirler Wohnungswerber:innen zu Wohnbauförderungsrichtlinien verkauft werden.
Diese für alle Beteiligten förderliche Wohnbautätigkeit scheiterte in den letzten Jahren immer öfter dadurch, dass sich neue in Zirl tätige private Bauträger nicht mehr an diese Regelung hielten und den Anteil an wohnbaugeförderten Wohnungen immer mehr ausdünnten. Im Laufe der Zeit wurde der Gemeinde immer deutlicher signalisiert, dass die „60 : 40 Zirler Regelung“ auf rechtlich wackeligen Beinen stehen würde und im Ernstfall nicht durchsetzbar sei.
Der Höhepunkt dieser negativen Entwicklung passierte dann schließlich vor 3 Jahren bei einem Wohnprojekt nahe dem Zirler Zentrum, bei welchem trotz vertraglich vereinbarter „Zirler Regelung“ (mit 60% wohnbaugeförderten Wohnungen für Zirler:innen) vom Bauträger leider keine einzige (!) wohnbaugeförderte Wohnung ermöglicht wurde.
Die Möglichkeiten der Gemeinde …
Die Einflussmöglichkeiten der Politik allgemein wie auch der Gemeinde im Besonderen sind bei diesem Thema leider sehr begrenzt. Die Mechanismen der Marktwirtschaft wie auch die verfassungs- und EU-rechtlichen Grundgesetze schränken den Handlungsspielraum der Gemeinde stark ein.
Zu unterscheiden sind dabei der gemeinnützige Wohnbau einerseits und die Wohnbauten der privaten Bauträger andrerseits.
Beim gemeinnützigen Wohnbau kann und muss die Gemeinde versuchen, Baugrund zum entsprechenden zulässigen Preis der Wohnbauförderung zur Verfügung zu stellen – sei es auf Eigengrundstücken der Gemeinde oder durch gezielte Neuwidmungen in verträglicher Ortsrandlage mit ausschließlicher Vergabemöglichkeit der zu errichtenden Wohnungen durch die Gemeinde.
Die Baulandreserven im Eigentum der Marktgemeinde Zirl sind dünn gesät und beschränken sich im Wesentlichen auf vier Grundflächen:
Eigenhofen ca. 4.500 m²
Marktplatz Pavillon ca. 2.400 m²
Schwimmbadareal ca. 3.500 m²
Areal bei der Volksschule ca. 3.800 m²
Zu all diesen Standorten gab es unsererseits Bemühungen auch für eine (zumindest teilweise) Wohnbebauung mit leistbarem Wohnungen, an allen vier Standorten gab es entweder keine Gemeinderatsmehrheit für die Umsetzung eines Wohnprojektes oder es standen andere Argumente dem entgegen.
Bei Wohnbauprojekten von privaten Bauträgern ist ein regulierender Eingriff der Gemeinde praktisch nur im Zuge der Vertragsraumordnung möglich, welche einen Anteil an wohnbaugeförderten und damit leistbaren Wohnungen für die Zirler:innen sicherstellt. Die Basis für solche zukünftigen Objekte wurde mit der im Herbst 2021 im Gemeinderat beschlossenen Richtlinie für die Vertragsraumordnung bei Bebauungsplänen gelegt.
Ein wichtiger Prüfstein für den Erfolg dieser Vertragsraumordnung wird u.a. die weitere Vorgangsweise des Gemeinderates beim umstrittenen Wohnprojekt am Schlossbach sein.
Der Bauträger kaufte das Areal zu einem Grundpreis pro Quadratmeter weit jenseits der Wohnbauförderungsrichtlinien und obwohl ihm bekannt war, dass er mit Erwerb des Baulandes die Verpflichtung zum Erhalt der Schlossbachbrücke übernehmen muss. Eine Abstimmung mit der Marktgemeinde Zirl gab es zu diesem Zeitpunkt nicht!
Seither versucht der Bauträger von der Marktgemeinde Zirl Zusagen zu erreichen, die sein Projekt „wirtschaftlich darstellbar“ machen. Ungeklärt sind insbesondere folgende Fragen:
- Wie viele Wohnungen sind in der konkreten Umgebung „verträglich“? Der Bauträger will „möglichst viele“ – zumindest 75 – errichten!
- Wie erfolgt die Zu- und Abfahrt und die Einbindung von weit mehr als 100 KFZ pro Tag in die Bahnhofstraße?
- Wie viele Wohnungen werden verbindlich nach Wohnbauförderungsrichtlinien inclusive Vergaberecht der Marktgemeinde Zirl an Zirler:innen errichtet? Es muss berücksichtigt werden, dass 1/3 der zu bebauenden Fläche noch als „Freiland“ gewidmet sind!
- Wie werden die Vereinbarungen mit der Gemeinde rechtlich abgesichert?
Der einsame Brückenpfeiler an der Schlossbachmündung auf dem Foto zu diesem Beitrag sagt für mich mehr als tausend Worte. Ein privater Wohnbauträger bekommt nicht was er will und lässt seine – finanzkräftigen – Muskeln spielen. Ein respektvolles Miteinander auf Augenhöhe spiegelt dieses Vorgehen nicht wieder.
Ich befürworte, gemeinsam mit meinem Team, grundsätzlich die Bebauung des Schlossbachareals nach Klärung der offenen Fragen!
Die Gemeinde darf jedoch nach meiner festen Überzeugung diesem Druck keinesfalls nachgeben, damit bezahlbares Wohnen in Zirl vom Grundrecht für ALLE nicht auf Dauer zu einem LUXUS für WENIGE wird.
Durch klare vertragliche Vereinbarungen können auch private Wohnbauträger bezahlbaren Wohnraum nach Wohnbauförderungsregeln in Zirl und FÜR Zirlerinnen und Zirler umsetzen.
Die Bestrebungen der Gemeindepolitik müssen daher jedenfalls in die Richtung gehen, einerseits durch limitierte Neuwidmungen mit verpflichtendem Anteil für objektgeförderten Wohnbau sowie andererseits durch die konsequente Anwendung der Vertragsraumordnung bei privaten Wohnobjekten wieder leistbare Wohnungen für die Zirler:innen zu ermöglichen!
Dazu zitiere ich aus der Präambel zur Vertragsraumordnungsrichtlinie der Marktgemeinde Zirl:
Die Marktgemeinde Zirl setzt sich die „Schaffung von leistbarem Wohnraum für die Bevölkerung von Zirl in Form von Miet- oder Eigentumswohnungen, die vor dem Hintergrund der durchschnittlichen Einkommenssituation der Gemeindebürger/innen bezahlbar und finanzierbar sind.“ zum Ziel!
Herzlich
Euer Bürgermeister
Thomas Öfner